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Corona-bedingte Beschränkungen zu Sitzungen

Corona-bedingte Beschränkungen des Zutritts zu Sitzungen des Landtages und kommunaler Vertretungskörperschaften

Den Stadtverordnetenversammlungen, Kreistagen und Gemeindevertretungen haben über die Geschäftsordnung und das Hausrecht Möglichkeiten, den Zugang zur Sitzung und zum Tragen von Masken zu regulieren. Das ergibt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienst es des Brandenburger Landtages.

Der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags Brandenburg ist mit der Prüfung der Frage beauftragt worden, ob Corona-bedingte Zugangsbeschränkungen (sog. „2 G-Regeln“ und „3 G-Regeln“) auch für Sitzungen des Landtages und der kommunalen Vertretungskörperschaften eingeführt werden können. Hier werden die Fragen und kurze Auszüge wiedergegeben. Der Link zum gesamten Gutachten befindet sich am Ende des Textes.

Frage 1. Können die sog. 3 G-Zugangsbeschränkungen trotz einer fehlenden Regelung in einem förmlichen Parlamentsgesetz oder in einer Rechtsverordnung auch im Landtag Brandenburg oder in den kommunalen Vertretungskörperschaften wie etwa Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen verpflichtend für Mitglieder in dem jeweiligen Gremium für Sitzungen (auch Ausschusssitzungen) zur Anwendung gebracht werden, beispielsweise über das jeweilige Hausrecht?

Antwort
Vorsitzende kommunaler Vertretungskörperschaften können 3 G-Regeln in Ausübung ihrer Ordnungsgewalt nach § 37 Abs. 1 BbgKVerf erlassen. Das gleiche Recht steht den Kommunalvertretungen aus ihrer Geschäftsordnungskompetenz zu; hiernach erlassene Vorgaben haben dabei Vorrang und sind vom Vorsitzenden umzusetzen

Frage 2. Welche Bedeutung kommt insoweit dem freien Mandat der Abgeordneten, das für Mitglieder des Landtags Brandenburg in Art. 56 der Landesverfassung Brandenburg und für Mitglieder in kommunalen Vertretungskörperschaften in § 30 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg verankert ist, in der Abwägung mit Grundrechten Dritter sowie sonstigen Verfassungsgütern zu?

Antwort
Das freie Mandat der kommunalen Mandatsträger steht der Einführung einer 3 G-Regel durch Geschäftsordnungsbestimmungen der kommunalen Vertretungskörperschaften oder durch Anordnungen ihrer Vorsitzenden nicht entgegen

Frage 3. Wäre die Festlegung von „3 G“ in einem förmlichen Parlamentsgesetz oder einer Landesrechtsverordnung als Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an Sitzungen des Landtags Brandenburg und/oder kommunaler Vertretungskörperschaften in Brandenburg mit der Landesverfassung Brandenburg und der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vereinbar?

Antwort
Eine landesgesetzlich aufgestellte 3 G-Regel griffe in die verfassungsunmittelbar durch Art. 69 Abs. 4 Satz 3 LV begründete Kompetenz der Präsidentin des Landtages zur Ausübung der Polizeigewalt ein. Die Verfassung sieht aber keine Möglichkeit vor, die Kompetenz der Präsidentin gesetzlich einzuschränken. Der Landtag kann die Zuständigkeit daher nicht an sich ziehen und selbst legislativ wahrnehmen.

Einer vergleichbaren Beschränkung unterliegt der Landesgesetzgeber in Bezug auf die Sitzungen kommunaler Vertretungskörperschaften nicht. Die Einführung einer 3 G-Regel
stellte allerdings einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie dar, der jedoch verhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre. Ohne eine landesweit geltende Regelung verbliebe im Fall kommunaler (Normierungs-)Untätigkeit ein erhebliches Infektionsrisiko bestehen. Der Eingriff erfolgte dagegen nur punktuell und wöge nicht schwer, da den Kommunalvertretern die Teilnahme an den Sitzungen ohne gravierende Einschränkungen möglich bliebe.

Frage 4. Wäre eine Zugangsregelung für Sitzungen für Abgeordnete des Landtags Brandenburg und kommunaler Vertretungskörperschaften im Land Brandenburg auch nach dem „2 G-Modell“, das heißt ausschließlich für Genesene und Geimpfte, in verfassungs- und rechtmäßiger Weise möglich?

Antwort
Bestehen nach dieser Gesamtschau ein nicht nur fernliegendes Infektionsrisiko und ein Risiko nicht zu vernachlässigender Krankheitsfolgen, ist die Einführung einer 2 G-Regel prinzipiell vertretbar und angemessen. Möglichkeiten einer abgesonderten Teilnahme der nicht immunisierten Abgeordneten an den Sitzungen sind in die Prüfung einzubeziehen.

Für Sitzungen kommunaler Vertretungskörperschaften gelten dieselben Überlegungen. Fraglich ist allerdings, ob hier immer ein zu Sitzungen des Landtages vergleichbar hohes Schutzniveau erreicht wird. Angesichts ihres ehrenamtlichen Status dürfte schließlich die mit der Teilnahme nicht immunisierter Mandatsträger verbundene Übernahme eines Infektionsrisikos für die übrigen Kommunalvertreter noch weniger zumutbar sein.

Das Gutachten des Landtags Brandenburg kann hier heruntergeladen werden.