Mit dem Kommunalrechtsreformgesetz hat der Brandenburger Landtag die Kommunalverfassung novelliert und dabei u.a. die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt. Im Plenum hat der innenpolitische Sprecher und GBK-Vorsitzende Heiner Klemp dazu gesprochen.
„Ich habe unsere Kommunalverfassung einmal von diesem Pult aus als Gesamtkunstwerk bezeichnet. Das war im April 2021, als wir die ein Jahr zuvor als erstes Bundesland zunächst provisorisch eingeführten Möglichkeiten von Video-und Hybridsitzungen kommunaler Gremien in dauerhaft geltendes Recht überführt haben.
Bild: Peter- Paul Weiler
Der Respekt vor den vielen Menschen, Ehrenamtlichen wie Hauptamtlichen, die sich auf der kommunalen Ebene für das Wohl ihrer Städte und Gemeinden, ihrer Landkreise, ihrer Ortsteile, ihrer Ämter oder der Verbandsgemeinde engagieren, verbietet unüberlegte Änderungen an der Kommunalverfassung als der Grundlage ihrer Arbeit.
Deswegen bin ich nicht nur stolz darauf, dass wir Ihnen heute eine weiterentwickelte Kommunalverfassung zur Beschlussfassung vorlegen können, sondern auch auf den mehr als dreijährigen Prozess, wie wir zu diesem Ergebnis gekommen sind.
Bevor ich auf Einzelheiten zu sprechen komme, möchte ich mich aber für die Beiträge der vielen Einzelnen bedanken, deren Gedanken und Anregungen in diesen Gesetzentwurf eingeflossen sind, besonders natürlich in den Koalitionsfraktionen, namentlich bei Andreas Noack und André Schaller, ich möchte mich aber auch beim Ministerium des Inneren und für Kommunales bedanken, besonders bei Herrn Staatssekretär Dr. Grünewald mitseinem Team, der uns mit Engelsgeduld, Sachverstand und Pragmatismus zur Seite stand.
Wir haben jederzeit sachlich und auf Augenhöhe Punkt für Punkt abgearbeitet und ich möchte mich nicht nur bedanken, sondern ich muss offen bekennen, das hat auch verdammt viel Spaß gemacht!
Ich danke aber auch den Oppositionsfraktionen, deren Änderungsanträge wir zwar heute ablehnen werden, aber von denen wir einige Punkte in unseren eigenen Änderungsantrag übernommen haben.
Dieser Dankbezieht sich allerdings nur auf zwei Oppositionsgruppierungen. Von der sogenannten Alternative für Deutschland kam während der ganzen Zeit der Erarbeitung kein inhaltlicher Beitrag, kein Änderungsantrag, nichts Konstruktives. Es wird wieder einmal deutlich, dass eine Detailarbeit jenseits der Schlagzeilen nichts für die Damen und Herren auf der rechten Seite hier ist.
Die kommunalen Spitzenverbände waren der mit Abstand wichtigste Partner der Landespolitik im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens über viele Gespräche innerhalb und außerhalb des Parlaments. Mir ist aber auch wichtig, die Rolle der anderen Personen und Interessengruppen zu betonen, deren Beiträge wir in den Anhörungen entgegennehmen durften, von der Dorfbewegung über Mehr Demokratie e.V. bis zur Wissenschaft.
Aber, meine Damen und Herren, allen kann man es nicht Recht machen. Am Ende habe ich eher den Eindruck, wir haben es niemandem Recht gemacht!
Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten hätten gerne noch mehr Kompetenzen bekommen und hätten sich gewünscht, eine Hauptamtlichkeit auch für kleinere Kommunen vorzuschreiben,
die Integrationsbeauftragten monieren, sie seien gar nicht mehr explizit im Gesetz erwähnt,
die Ortsteile hätten gerne ein Vetorecht gegen Entscheidungen der Gemeindevertretung bekommen und
der Städte-und Gemeindebund am liebsten alles beim Alten belassen.
Meine Damen und Herren, vielleicht zeigt das aber auch gerade, dass dieser Gesetzentwurf zusammen mit den Änderungsanträgen der Koalition sehr ausgewogen ist. Zwar hat sich niemand zu 100 Prozent durchgesetzt, aber alle Argumente aus den Anhörungen wurde sorgfältig gewogen, diskutiert und entschieden. Und wer sich den Änderungsantrag der Koalition sorgfältig durchliest wird feststellen, dass sich Anregungen der unterschiedlichsten Anzuhörenden in ihm wiederfinden.
Lassen Sie mich auf einige inhaltliche Aspekte noch etwas ausführlicher eingehen. Die Stärkung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten war die letzte bezogen auf die Kommunalverfassung noch offene Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, die wir heute umsetzen.
Meine Damen und Herren, natürlich gibt es viele Kommunen, in denen Gleichstellungsarbeit heute bereits ganz selbstverständlich und erfolgreich läuft. Dennoch ist es die Aufgabe der Kommunalverfassung, Mindeststandards für die Einbindung der Gleichstellungsbeauftragten in der Kommune festzuschreiben.
So haben wir die Weisungsfreiheit der Beauftragten klargestellt und ermöglichen explizit auch die Bestellung von stellvertretenden Beauftragten.
Eigentlich hätten wir uns gewünscht, auf Basis des Landesgleichstellungs-gesetzes beim Aufgabenkatalog eine vollständige Angleichung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten an die behördlichen Beauftragten umzusetzen und so die Sonderregelungen für die Kommunen gänzlich abzuschaffen.
Um jedoch Konnexität zu vermeiden, mussten wir eine Opt-Out-Regelung schaffen, die es Kommunen ermöglicht, einzelne Aufgaben aus dem Katalog abzuwählen.
Generell haben wir auf Regelungen verzichtet, die Konnexität auslösen, um das Gesetzgebungsverfahren nicht noch weiter zu verkomplizieren. Dies sei dem nächsten Landtag ans Herzgelegt. Daher haben wir auch eine Absenkung der Hauptamtlichkeitsschwelle für Gleichstellungsbeauftragte, wie sie die Linken heute beantragen und für die ich persönlich große Sympathie habe, nicht aufgenommen.
An vielen kleinen Stellschrauben haben wir die Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern, von Beiräten und Beauftragten, aber auch von kommunalen Vertreterinnen und Vertretern gestärkt. Davon profitieren z.B. auch Integrationsbeauftragte.
Und warum z.B. soll eine Gemeindevertreterin einer amtsangehörigen Gemeinde im nicht-öffentlichen Teil des Amtsausschusses nicht zuhören dürfen, wenn es um die Gemeinde geht? Bislang war das nicht zulässig, jetzt werden wir es ermöglichen!
Im Bereich der Bürgerbegehren haben wir auf die jüngsten Missbräuche des bisherigen Verfahrens insbesondere bei den sogenannten kassatorischen Bürgerbegehren reagiert, die Beschlüsse der gewählten Vertretung rückgängig machen wollen.
Ich nenne hier nur die jüngsten Beispiele des Landkreises Uckermark und der Gemeinde Breese. Zukünftig soll die Zulässigkeitsprüfung bei kassatorischen Bürgerbegehren zwingend vorab erfolgen und von der Kommunalaufsicht unparteiisch durchgeführt werden.
Ich muss gestehen, dass ich zunächst sehr skeptisch war, die Zulässigkeitsprüfung zwingend an den Anfang des Verfahrens zu stellen, habe mich aber im Endeffekt von dem Anzuhörenden von Mehr Demokratie e.V. überzeugen lassen, dass es wenig Sinn hat, Bürgerinnen und Bürger für ein Bürgerbegehren unterschreiben zu lassen, was dann im Nachhinein für unzulässig erklärt wird.
Bei der Digitalisierung und der geschlechtergerechten Schreibweise bringen wir die Kommunalverfassung auf den aktuellen Stand.
Ach ja, und wir nehmen den Klimaschutz in den Aufgabenkatalog der Kommunen auf. Das ersetzt zwar weder einen Klimaplan noch ein Klimaschutzgesetz auf Landesebene, aber wir werden die Jahrhundertaufgabe, den Klimawandel abzumildern und uns an die unvermeidlichen Veränderungen des Klimas anzupassen, nur bewältigen, wenn alle staatlichen Ebenen das als ihre eigene Aufgabe ansehen.
Und deshalb steht es jetzt auch in der Kommunalverfassung.
Vielen Dank.