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Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen

Chancen und Risiken für die Kommune von Helmut Adamaschek

In vielen Gemeinden Brandenburgs sind zahlreiche Anfragen und Anträge zum Bau von Freiflächensolaranlagen (Solarparks) auf landwirtschaftlichen Flächen eingereicht.  Für die Bewilligung von Solarparks sind  die Gemeinden im Rahmen ihrer Planungshoheit verantwortlich. Im Gegensatz zu Windkraftanlagen gibt es keine Einschränkungen durch übergeordnete (Regional) Planungen. Bis 2015 durften Photovoltaik-Freiflächenanlagen nur auf Konversionsflächen, auf versiegelten Flächen und auf Seitenrandstreifen von Autobahnen und Schienenwegen errichtet  werden. Diese bestehende Flächenkulisse des EEG 2014 wurde erweitert und „benachteiligte Flächen“ (Anmerkung 1)  wurden als für Photovoltaikanlagen nutzbare Flächen ergänzt. In Brandenburg können ca. 80% der landwirtschaftlichen Flächen als benachteiligt gelten.

Welche Faktoren erklären den „run“ auf Solarparks? Wesentlich ist, dass die Module für Solaranlagen effizienter und billiger geworden sind, die Gewinnerwartungen sind entsprechend gewachsen. Brandenburg bietet für Investoren besonders günstige Voraussetzungen: große zusammenhängende Flächen, dünn besiedelte Räume.

Die beantragten Anlagen beanspruchen immer größere Flächen. Waren Ackerflächen bis 2016 auf 20 Hektar begrenzt, nehmen die Flächen inzwischen gigantische Ausmaße an (bis 200 ha und mehr).

Welche Chancen und Risiken sind mit der Errichtung von Solarparks verbunden?

Chancen:

  • Die Photovoltaikanlagen auf Äckern dienen dem Klimaschutz. Durch ihre Effizienz können Klimaziele schneller erreicht werden. Je größer die Flächen sind, umso effizienter produzieren die Anlagen. Mit 1 ha Solarfläche können mindestens 1 Million Kilowattstunden (kwh) im Jahr produziert werden. Der erzeugte Strom wird für ca. 5 cent/kwh an den Netzbetreiber verkauft. Anlagen mit mehr als 20 MW/p (ca. 20 ha) erhalten keinerlei Förderung über die EEG-Umlage. Mit 1 ha Photovoltaikfreifläche können mehr als 30mal so viel Strom produziert werden wie mit einer entsprechenden Fläche für eine Biogasanlage.
  • Die positiven Auswirkungen auf Bodenqualität, Artenschutz und Biodiversität sind offensichtlich.  Die Böden können sich ohne intensive Bewirtschaftung und ohne Pestizideinsatz erholen. Zudem können im Interesse des Artenschutzes Lebensräume für bedrohte Tier-und Pflanzenarten geschaffen werden. (Anmerkung 3).
  • Die Einnahmen für die Kommunen aus diesen Anlagen können durch die ab Juni 2021 mögliche Abgabe von 0,2 cent/kwh/Jahr enorm sein. Für eine 50 ha- Anlage wären 100 TSD €/Jahr an  Abgaben möglich. In vielen Fällen 30 Jahre lang!
  • Es können erhebliche, zusätzliche Einnahmen für landwirtschaftliche Betriebe realisiert werden. Diese Einnahmen (Pachten pro ha mindestens 2000 €) könnten für die notwendigen Umstellungen der Landwirtschaft genutzt werden.
  • Auch Mehrfachnutzungen sind neben der Stromproduktion möglich. Bei ausreichenden Abständen zwischen den Modulreihen (mindestens 3,50 m) können sowohl die Haltung von Tieren (Schafe/Hühner) als auch landwirtschaftliche und gärtnerische Bewirtschaftung realisiert werden (Getreide, Gemüse, Beerenobst etc.). 

Risiken

  • Es können Ackerflächen auf lange Zeit verloren gehen und nicht mehr für den Anbau von Lebens-und Futtermitteln genutzt werden. Um diesen Nachteil gering zu halten, sollten nur Böden mit geringer Bodenfruchtbarkeit für Freiflächenanlagen in Frage kommen. In einigen Gemeinden hat man hier die Bodenpunktzahl auf 20/25 oder 28 Bodenpunkte festgelegt.
  • Das Landschaftsbild kann erheblich beeinträchtigt werden. Alleine durch die Lage und Größe einiger Anlagen entstehen Landschaften, welche ein gesamtes Gebiet als Spiegelfläche beherrschen. Für die Anlagen sollte deshalb eine Größenbegrenzung auf 50 ha festgelegt werden. Anhöhen und schutzwürdige Gebiete sollten nicht für Freiflächenanlagen zur Verfügung gestellt werden.
  • Solarparks, die nicht ins Landschaftsbild integriert sind, gefährden Naherholung und Existenz tourismusorientierter Betriebe.
  • Die Preise für Ackerland werden weiter in die Höhe getrieben.

Ein „maßvoller Ausbau der Solarenergie auf dem Acker“ wie er seit 2016 auf „benachteiligten Flächen“ erlaubt ist, führt ohne klare Regeln und ohne Flächenbegrenzung zum Wildwuchs von Solaranlagen auf den Äckern. Je größer die Fläche, je größer der Profit (Investoren versprechen Anlegern Renditen von 6-8%). Die Pachtpreise steigen ungebremst weiter.

Die Politik auf Bundes-und Landesebene hat bisher keine Regeln für den Bau von Photovoltaikanlagen auf Äckern vorgeben. Die Landtagsfraktion B90/Grüne Brandenburg hat allerdings Empfehlungen zum Bau von Solarparks entwickelt (Positionspapier, Anmerkung 5)

Der Ball liegt bei den Gemeinden. In vielen Gemeinden werden noch Kriterien diskutiert. Landesregierung und Regionale Planungsgemeinschaften haben bisher nur unverbindliche Empfehlungen entwickelt. (Anmerkung 2)

Der Bau von Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen sollte von der Kommunalpolitik bzw. Gemeindevertretungen nur unter verbindlichen Bedingungen ermöglicht werden.  

Die wichtigsten und zwingenden Kriterien sind dabei für mich:

  1. Die kommunalen Vertretungen akzeptieren, dass die Bürger der betroffenen Dörfer über die Bauvorhaben mitentscheiden. Ohne die Akzeptanz der betroffenen Anwohner sollte nicht gebaut werden.
  • Die Bereitschaft der Investoren zu einer Abgabe von 0,2 cent/kwh/Jahr sollte Voraussetzung für eine Bewilligung sein.
  • Solarparks sollten jeweils auf eine Fläche von maximal 50 ha pro Gemeinde begrenzt werden.
  • Der Abstand zu Wohngebäuden soll mindestens 500 m betragen.
  • Die Grenzen der Solarparks sollen umlaufend mit einheimischen standortgerechten Gehölzen so bepflanzt werden, dass vom nächstgelegenen Ortsteil ein direkter Blick auf die Solarmodule vermieden wird.

Als Kommunalpolitiker, die den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen, sollten wir uns nur für Anlagen einsetzen, die diese Kriterien erfüllen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung hat durch die Chance auf erhebliche zusätzliche Einnahmen für die Kommunen durch die 0,2/kwh- Regelung deutlich zugenommen.

Der Ausbau erneuerbarer Energien fordert neben den Chancen durch PV-Freiflächenanlagen viele Aktivitäten der Kommunen wie den Bau von PV-Anlagen auf kommunalen Gebäuden und Wohnungen mit der Ermöglichung von Mieterstrom. Die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien sollte mittelfristig Ziel sein, EEG-Umlage und Verpflichtung zur Einspeisung sollten nach und nach aufgegeben werden.

Anmerkungen

1  Benachteiligte Gebiete 

„Benachteiligte Gebiete sind   definiert in der EU- Richtlinie 86/465/EWG vom  14. Juli 1986 und im Gemeinschafts-verzeichnis der benachteiligten landwirtschaftlichen Gebiete im Sinne der Richtlinie 75/268/EWG (ABl. L 273 vom 24.09.1986, S. 1) aufgeführt, welches zuletzt durch die Entscheidung 97/172/EG (ABl. L 72 vom 13.3.1997, S. 1) geändert worden ist. Der Begriff benachteiligt bezieht sich auf die Qualität der Böden, wenig fruchtbare Böden mit geringen Bodenpunktzahlen gelten als (im Wettbewerb) benachteiligt. Eine konkrete Bodenwertzahl ist nicht angegeben. Vgl.:

https://gdk.gdi-de.org/geonetwork/srv/api/records/f901b82c-54b7-4ef1-8365-2205da79c79b

2  Vorläufige Handlungsempfehlung des MLUK Brandenburg zur Unterstützung kommunaler Entscheidungen für großflächige Photovoltaik-Freiflächensolaranlagen (PV-FFA)

https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjfwLGkjtbzAhX7hv0HHeAKA-EQFnoECAQQAQ&url=https%3A%2F%2Fmluk.brandenburg.de%2Fsixcms%2Fmedia.php%2F9%2FMLUK-Handlungsempfehlung-PV-FFA.pdf&usg=AOvVaw3XTBr-0VGw6giIHQpsT7dE

3  Arbeitshilfe Photovoltaik-Freiflächenanlagen (Regionalplanung Prignitz-Oberhavel)

https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwiqmv-lj9bzAhWFgf0HHVx3BoYQFnoECAsQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.prignitz-oberhavel.de%2Ffileadmin%2Fdateien%2Fdokumente%2FREM%2FArbeitshilfe_PVA%2FPVA_Arbeitshilfe.pdf&usg=AOvVaw2pAbBnjkGq7Rqp7iLoUvD0

4  Leitfaden für naturverträgliche Solarparks (Rheinland-Pfalz))

https://mail.google.com/mail/u/0/#search/solarparks?projector=1

5 Positionspapier der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg

https://gruene-fraktion-brandenburg.de/ueber-uns/positionspapiere/positionspapier-zur-errichtung-von-photovoltaik-freiflaechenanlagen

von Helmut Adamaschek (Gemeindevertreter Gumtow, Vorsitzender Fraktion „Starke Dörfer“,
Ortsvorsteher Dannenwalde-Prignitz)